Machiavellismus geht auf Niccolò Machiavelli (1469–1527) zurück und wird mit seiner politischen Grundhaltung in Verbindung gebracht. 1513 verfasste Machiavelli sein Buch «Il Principe», in dem er ein Verständnis von politischer Macht und Herrschaft beschrieb, das unter anderem von Manipulation, Emotionslosigkeit, Lügen und Schmeichelei geprägt ist. Ganz nach dem Motto «der Zweck heiligt die Mittel». Machiavellisten streben vor allem nach Macht und interessieren sich kaum oder gar nicht für moralische Integrität. Machiavellismus ist keine Persönlichkeitsstörung, weist jedoch Merkmale auf, die auch bei einer dissozialen Persönlichkeitsstörung vorliegen.

Machiavellismus als Persönlichkeitskonstrukt

Machiavellismus wurde erstmals 1970 von Richard Christie and Florence L. Geis als Persönlichkeitskonstrukt verwendet. Gemäss dem Konzept von Christie und Geis setzt sich der Machiavellismus aus vier Aspekten zusammen, um die Charaktereigenschaften zu beschreiben, bei denen die effektive Manipulation und Kontrolle anderer Menschen im Zentrum steht.

1. Mangel an Gefühlen in zwischenmenschlichen Beziehungen

Machiavellisten sehen andere Menschen nicht als Individuen, sondern als zu manipulierende Objekte. Empathie würde ihnen bei ihrem Ziel, Menschen dazu zu bringen, Dinge zu tun, die sie gar nicht tun möchten, nur im Wege stehen.

2. Mangelnde Sorge um die konventionelle Moral

Als konventionelle Moral definieren Christie und Geis die Fähigkeit zu erkennen, dass Lügen und Betrügen verwerflich und unmoralisch ist. Personen, die andere manipulieren, haben eine opportunistische und keine moralische Sicht auf ihre Interaktionen mit anderen Menschen.

3. Realitätsangepasstheit

Machiavellisten sind manipulativ, instrumentalistisch und rational. Im Gegensatz zu Psychopathen verfügen sie über einen Realitätsbezug und sind nicht impulsiv, sondern überlegt und berechnend. Dadurch sind sie in der Lage, eine angemessene Realitätsprüfung vorzunehmen und ihre Beziehung zu anderen sowie ihr Verhalten und Handeln erfolgreich zu gestalten.

4. Geringes ideologisches Engagement

Machiavellisten haben die Fähigkeit, sich auf die Dinge zu fokussieren, die erledigt werden müssen. Dabei gehen sie taktisch vor und lassen sich nicht von ethisch, moralischen oder ideologischen Werten von ihren Zielen ablenken oder abbringen.

Machiavellisten zeichnen sich somit durch eine hoch manipulative Persönlichkeit, das Missachten von Moral und die Fokussierung auf den persönlichen und eigennützigen Gewinn aus. Des Weiteren fallen Machiavellisten durch Zynismus und Emotionslosigkeit auf, was sowohl im privaten wie auch im beruflichen Kontext deutlich zum Ausdruck kommt.

Meister der Täuschung

Machiavellisten sind wahre Meister in der Beeinflussung und Täuschung von Menschen, um ihre eigenen Ziele zu erreichen. Dabei scheuen sie auch nicht vor Ausbeutung und Schädigung ihrer Mitmenschen zurück und verhalten sich nicht selten gefühlslos.

Im Gegensatz zu narzisstisch geprägten Persönlichkeiten leben Machiavellisten ihr Anspruch an Dominanz eher im Hintergrund aus, in dem sie andere Personen wie Marionetten auf die Bühne stellen.

Für Machiavellismus typische Eigenschaften und Merkmale:

  • Besessenes Streben nach Macht
  • Antisoziales Verhalten
  • Skrupelloses Lügen, Täuschen und Betrügen
  • Kalkulierte Absichten und Verschlagenheit
  • Rücksichtslosigkeit und Mangel an Empathie
  • Oberflächliche Beziehungen
  • Negatives Menschenbild

Machiavellisten sind häufiger in Führungsfunktionen anzutreffen

Wie verbreitet Machiavellismus ist, kann nur geschätzt werden, da hierzu bisher wenig geforscht wurde. Es kann von etwa 1% der Bevölkerung ausgegangen werden. Menschen mit machiavellistischen Zügen sind häufig erfolgreich und machen meist schnell Karriere. Daher ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass Machiavellisten häufiger in Führungsfunktionen und ganz oben in den Unternehmenshierarchien anzutreffen sind. 

Männer sind häufiger betroffen als Frauen

Männer scheinen häufiger machiavellistische Tendenzen aufzuweisen. Dies könnte auch damit zusammenhängen, dass nach wie vor deutlich mehr Männer als Frauen in exponierten (Führungs-)Positionen anzutreffen sind und daher auch eher «gesehen» und als Machiavellisten erkannt werden.

Wieviel Machiavelli steckt ihn Ihnen oder Ihren Mitmenschen?

Christie und Geis veröffentlichten einen psychologischen Test zur Messung von Machiavellismus (Mach-IV). Die folgenden Aussagen basieren auf diesem Test. Je stärker und je mehr Aussagen Sie zustimmen, desto höher ist ihr machiavellistischer Anteil ausgeprägt.

  • Wer anderen blind vertraut, ist dumm.
  • Wer ein rein moralisch korrektes Leben führt, kommt in der Welt nicht voran.
  • Der Mensch ist grundsätzlich feige und schlecht.
  • Es ist am sichersten anzunehmen, dass alle Menschen eine bösartige Ader haben und diese zum Vorschein kommt, wenn ihnen die Chance dazu gegeben wird.
  • Im Allgemeinen arbeiten Menschen nicht hart, es sei denn, sie werden dazu gezwungen.
  • Moralisches Handeln wird überbewertet und mit Ehrlichkeit kommt man nirgends hin.
  • Es ist klug, wichtigen Menschen zu schmeicheln.
  • Wer erfolgreich sein will, muss bereit sein, Kollateralschäden in Kauf zu nehmen.
  • Die beste Taktik, um Menschen für sich zu gewinnen besteht darin, ihnen zu sagen, was sie hören wollen.
  • Der grösste Unterschied zwischen den meisten Kriminellen und anderen Menschen besteht darin, dass Kriminelle dumm genug sind, erwischt zu werden.
  • Ich verabscheue schwache Menschen, es sei denn, sie sind mir von Nutzen.
  • Man sollte niemals den wahren Grund für eine Tat nennen, es sei denn, dies ist sinnvoll und zum eigenen Vorteil.
  • Ich teile den wahren Grund für mein Handeln und meine Taten nicht mit anderen, ausser es ist für mich zielführend und von Nutzen.

Umgang mit Machiavellismus

Es ist wichtig, sich nicht im Netz von Machiavellisten zu verstricken. Es kann leicht passieren, dass man sich durch Machiavellisten auf dubiose Geschäfte und Abhängigkeiten einlässt, die zu grossem finanziellen, aber auch psychischen Schäden führen können. Wie auch bei Narzissten und Psychopathen lautet der beste Rat: Suchen Sie das Weite und ggf. juristische und/oder psychologische Hilfe und Unterstützung.