Notfallpsychologie - Informationen für Betroffene und Angehörige
Es gibt unterschiedliche ausserordentliche Ereignisse und belastende Situationen. Jeder Mensch reagiert darauf potenziell traumatische Erlebnisse unterschiedlich. Zu starken emotionalen und körperlichen Reaktionen kann es unmittelbar oder auch später kommen, nach Stunden, Tagen, Wochen und manchmal auch erst nach Monaten. Diese Reaktionen sind in der Regel ganz normal. Hier erfahren Sie mehr zum Thema Notfallpsychologie und belastende Ereignisse.
Notfallpsychologie - häufige und normale Reaktionen
Körper
Erschöpfung, Müdigkeit, Übelkeit, Benommenheit, Kopfschmerzen, Schwitzen, Schlaflosigkeit, Anspannung, Schreckhaftigkeit.
Gedanken
Nicht wahrhaben/verstehen können, Konzentrationsschwierigkeiten, «Watte im Kopf», wirre/verwirrende/kreisende Gedanken, sich aufdrängende Erinnerungen, Albträume.
Gefühle
Gefühlsleere, Verzweiflung, Überwältigung, Fassungslosigkeit, Angst und Unsicherheit, Niedergeschlagenheit, Wut, Hilflosigkeit, Schuldgefühle, Schamgefühle, plötzliche Gefühlsausbrüche, Panik, Trauer.
Verhalten
Rückzug, schweigen, erhöhtes Bedürfnis zu reden, weinen, schreien, verändertes Essverhalten, Gereiztheit, Nervosität, Rastlosigkeit, unangebrachte Aussagen und seltsames Verhalten, aggressive Reaktionen, Vermeiden von Orten, Menschen und Tätigkeiten.
Auf meiner Seite EMDR-Therapie finden Sie weitere Informationen zu Belastungsreaktionen, Trauer und Trauma wie auch zur Frage, was mit uns und unserem Gehirn bei einem ausserordentlichen Ereignis passiert kann.
Als Fachpsychologin SBAP. in Notfallpsychologie bringe ich eine fundierte Ausbildung sowie Erfahrung in Notfallpsychologie mit, auch als Mitglied von Care Teams ( Carelink & Care Team Luzern). Ich kann Sie nach einem ausserordentlichen Ereignis professionell und kompetent beraten und begleiten.
Notfallpsychologie – Was Sie nach einem belastenden Ereignis und in einer ausserordentlichen Situation tun können
Darüber sprechen
Sprechen Sie mit vertrauten Personen darüber, was geschehen ist, was Sie bewegt und wie Sie sich fühlen.
Alltag und Gewohnheiten
Versuchen Sie Ihrem Alltag so gut wie möglich weiter nachzugehen. Alltägliche Tätigkeiten und gewohnte Tagesabläufe geben Halt.
Den Gefühlen Raum geben
Nehmen sie sich Zeit, um zu trauern und zu weinen. Dies ist meist hilfreicher, als zu versuchen, die eigenen Gefühle zu unterdrücken oder zu verstecken.
Bewegung und Erholung
Bewegen Sie sich regelmässig. Besonders hilfreich sind Spaziergänge in der Natur. Nehmen Sie sich auch Zeit für Erholung und sorgen Sie für genügend Schlaf.
Ernährung
Achten Sie auf eine regelmässige und möglichst ausgewogene Ernährung. Kontrollieren Sie den Konsum von Alkohol und Medikamenten. Es gibt Situationen, in denen bestimmte Medikamente notwendig werden. Allerdings gilt es zu beachten, dass Alkohol, Medikamente und Drogen den Verarbeitungsprozess und die Bewältigungsfähigkeit massgeblich negativ beeinflussen können.
Gleichgewicht zwischen „Auseinandersetzung“ mit dem Ereignis und „Ablenkung“ vom Ereignis finden
Trauer und Verarbeitung bedeutet nicht andauerndes Leiden und ununterbrochene Konfrontation mit dem Ereignis. Um ein ausserordentliches Ereignis angemessen bewältigen zu können, braucht es sowohl eine Auseinandersetzung mit dem was geschehen ist (z.B. darüber sprechen und nachdenken) wie auch Erholung und Ablenkung (z.B. sich etwas Gutes tun, Freunde treffen, Sport, etc.).
Schritt für Schritt
Gehen Sie Schritt für Schritt vor, anstatt alles auf einmal zu versuchen.
Was Angehörige und Freunde nach belastenden Ereignissen und in ausserordentlichen Situationen tun können
Unterstützung anbieten
Bieten Sie Hilfe an und ein offenes Ohr, auch wenn Sie nicht um Unterstützung gebeten werden. Verbringen Sie Zeit mit der betroffenen Person/en. Es ist ok sprachlos zu sein. Dann teilen Sie mit, dass Ihnen die Worte fehlen und seien Sie einfach da für die Betroffenen.
Zuhören
Hören Sie zu, wenn Betroffene erzählen möchten. Manchmal tut es gut, immer wieder über das belastende Ereignis / die Situation zu sprechen.
Nicht persönlich nehmen
Nehmen Sie Ablehnung, Wut und Aggression nicht persönlich.
Privatsphäre wahren
Ermöglichen Sie Betroffenen, ihre Privatsphäre zu wahren. Schaffen Sie Rückzugsmöglichkeiten.
Eigenverantwortung fördern
Unterstützen Sie Betroffene, aber übernehmen Sie nicht zu viel Verantwortung. Achten Sie darauf, dass Betroffene aktiv bleiben.
Kinder als Betroffene und Angehörige
Kinder können auf belastende Ereignisse und Situationen ähnlich und teilweise anders als Erwachsene reagieren.
Normale Reaktionen bei Kindern
- Regressives Verhalten, wie einnässen, Daumen lutschen oder sonstiges Verhalten, das sie in jüngeren Jahren gezeigt haben.
- Ängstliches Verhalten, wie starke Trennungsreaktionen und Angst im Dunkeln.
- Unruhe sowie rasch wechselnde Gefühlsäusserungen (weinen, lachen, schreien, blödeln).
- Wiederholtes Nachspielen des Erlebten.
- Verändertes Essverhalten.
- Erhöhte Ablenkbarkeit und Konzentrationsschwierigkeiten.
- Verändertes Sozialverhalten.
- Nicht über das Ereignis sprechen wollen.
- Allein sein wollen / Rückzug.
- Auffälliges Verhalten im Kindergarten / in der Schule.
- Zeigen von sonst nicht üblichem Verhalten jeglicher Art.
Was Sie als Bezugsperson von Kindern tun können
Wie Erwachsene, reagieren auch Kinder unterschiedlich auf belastende Ereignisse. Wie Sie Kinder am besten unterstützen können, hängt auch vom jeweiligen Alter ab.
- Nehmen Sie die Bedürfnisse des Kindes ernst.
- Verurteilen Sie das Verhalten und die Äusserungen von Kindern nicht.
- Sprechen Sie über das Ereignis und die Situation, beantworten Sie Fragen und trauen Sie dem Kind die Wahrheit grundsätzlich zu. Auch Kinder haben das Recht, Antworten auf ihre Fragen sowie eindeutige Informationen und Erklärungen zu bekommen.
- Bieten Sie dem Kind die Möglichkeiten, über Gefühle und Sorgen zu reden.
- Vermitteln Sie Ruhe und Sicherheit. Wenn Sie dafür aktuell nicht selbst Sorgen können, holen Sie sich Unterstützung in der Familie und im Freundeskreis.
- Machen Sie immer mal wieder Angebote (z.B. gemeinsam Zeit verbringen) und erfragen Sie Bedürfnisse, ohne es damit zu übertreiben oder Erwartungen zu haben.
- Lassen Sie das Kind so schnell wie möglich in die alltägliche Routine zurückkehren. Es ist ok, wenn Ihr Kind gleich am nächsten Tag wieder zur Schule oder in den Kindergarten möchte.
- Nehmen Sie Ablehnung, Wut und Aggression nicht persönlich.
- Nehmen Sie sich auch für sich und Ihre eigenen Gefühle genügend Zeit.
Wann weitergehende psychologische Unterstützung in Anspruch genommen werden sollte
Bei Erwachsenen
- Wenn die vorgängig beschriebenen möglichen Reaktionen («häufige und normale Reaktionen») auch nach mehreren Wochen bestehen bleiben, sich der Gesamtzustand nicht normalisiert und auch keine Besserung festgestellt werden kann.
- Wenn mit niemandem über das Ereignis, die Situation, die Gefühle gesprochen werden kann, obwohl der Wunsch und das Bedürfnis dazu bestehen.
- Wenn der Alltag (Arbeit, Beziehungen, Familie, Freunde etc.) auch nach mehreren Wochen eine Überforderung darstellt oder nicht mehr bewältigt werden kann.
- Wenn es zu einem (erhöhten) Alkohol-, Medikamenten-, Drogenkonsum kommt.
Bei Kindern
Wenn Sie sich grosse Sorgen machen oder wenn die ungewohnten Reaktionen des Kindes länger als vier Wochen andauern, das Alltagsleben beeinträchtigen und sich keine Besserung einstellt.
Informieren Sie sich unverbindlich zum Thema Notfallpsychologie und vereinbaren Sie einen Beratungstermin.