Häufig besteht eine Unsicherheit bezüglich der Fragen, die den Kandidatinnen und Kandidaten in einem Bewerbungsinterview gestellt werden dürfen. Wenn es um die Zulässigkeit von Fragen geht, prallen zwei Bedürfnisse aufeinander. Einerseits hat die Arbeitgeberin den Anspruch, im Auswahlverfahren die Eignung der Kandidatinnen und Kandidaten möglichst umfassend zu eruieren und anderseits haben Kandidatinnen und Kandidaten ein Recht auf Schutz ihrer Persönlichkeit.

Grundsätzlich gilt: Was nicht im Zusammenhang mit der Vakanz steht oder für die Ausübung der Funktion irrelevant ist, darf nicht erfragt werden. Somit ist in einem Auswahlverfahren zu berücksichtigen, dass jegliche Datenerhebung ausschliesslich der Erhebung von berufs- und anforderungsbezogenen Informationen dienen sollte. Dies gilt auch für das Bewerbungsinterview.

Zulässig sind Fragen bezüglich:

  • Name, Geburtsdatum, Nationalität, Wohnadresse und Zivilstand
  • Schul-/Studienabschlüsse
  • berufliche Qualifikationen
  • Fachkenntnisse
  • Sprachkenntnisse
  • beruflicher Werdegang und berufliche Erfahrungen sowie damit verbundene Erfolge und Misserfolge
  • Arbeitseinstellung/-motivation
  • Weiterbildungspotenzial
  • Gehaltsvorstellung (jedoch nicht aktuelles oder früheres Gehalt, da selten explizit relevant für das neue mögliche Arbeitsverhältnis)
  • Arbeitsbewilligungen bei Ausländerinnen und Ausländern
  • möglicher Einstellungszeitpunkt

Sofern explizit Stellenrelevant, sind auch Fragen zu folgenden Aspekten zulässig:

  • zeitliche/örtliche Flexibilität (auch in Bezug auf Wohnsitz) und Schichtdienst sowie Bereitschaft zum Aussendient
  • Einschränkungen bei der Arbeitsausübung (ausgenommen: abstrakte Frage nach einer Behinderung)
  • Krankheiten, die die Ausübung der Funktion verunmöglichen (z.B. Bäckerin/Bäcker mit einer Weizenallergie)
  • Fahrerlaubnis und Führerschein
  • Einverständnis zum betrieblichen Rauchverbot, wenn ein solches vorliegt (nicht aber die Frage, ob jemand raucht)
  • Einwilligung zum betriebsinternen Dresscode oder der Dienstkleidung
  • Einschlägige und berufsbezogene Vorstrafen
  • laufende Konkurrenzverbote

Unzulässig sind Fragen zu folgenden Themen:

  • Schwangerschaft
  • Partnerin und Partner, Familienplanung, Übernahme von Familien- oder Pflegeaufgaben
  • Sexuelle Orientierung
  • Behinderung (abstrakt ohne Stellenbezug)
  • Gesundheitszustand (abstrakt ohne Stellenbezug)
  • Eigenschaften als Raucherin/Raucher
  • Werteorientierung
  • Religion
  • Zugehörigkeit zu politischen Parteien oder Interessensgemeinschaften
  • politische Einstellung, Mitgliedschaft in einer Partei
  • ethnische Zugehörigkeit
  • Vermögen und finanzielle Situation

Ausnahme: Tendenzbetriebe dürfen das Mittragen ihrer Zielsetzung überprüfen

Tendenzbetriebe, wie z.B. Religionsgemeinschaften, Parteien, Gewerkschaften sowie Organisationen, deren Ziel es ist, eine bestimmte Idee zu fördern und in einer Anstellung das Mittragen der besonderen Zielsetzungen erwarten, können auch Fragen stellen, die sonst als verpönt und unzulässig gelten. So ist es beispielsweise zulässig, dass eine politische Partei nach der politischen Orientierung fragt und eine Interessensgemeinschaft für gleichgeschlechtliche Paare die sexuelle Orientierung thematisiert.

Umgang mit Informationen, nach denen man nicht hätte fragen dürfen

Es kann durchaus vorkommen, dass eine Kandidatin oder ein Kandidat Informationen Preis gibt, nach denen man nicht hätte fragen dürfen. In diesem Fall nimmt man die Informationen (zwangsläufig) entgegen, übergeht die Äusserung jedoch unkommentiert und fährt wie im Interviewleitfaden vorgesehen weiter. Alles andere kann dazu führen, dass man sich plötzlich mit Diskriminierungsvorwürfen konfrontiert sieht, da jeder Kommentar zu einer vom Gegenüber geäusserten Information bezüglich Religion, sexueller Orientierung oder Freizeitbeschäftigungen, etc., schnell als Indiz für eine Ungleichbehandlung gewertet werden kann.

Wer in einem Bewerbungsinterview unzulässige Fragen stellt, muss mit rechtlichen Konsequenzen rechnen, auch wenn es für Betroffene meist schwierig sein wird zu beweise, eine Stelle aus diskriminierenden Gründen nicht erhalten zu haben, auch weil eine potentielle Arbeitgeberin nicht verpflichtet ist, eine Absage zu begründen. Aber abgesehen davon schaden schlecht geführte und persönlichkeitsverletzende Interviews ganz allgemein dem Image einer Firma und sollten vor allem aus ethischen und moralischen Gründen unterlassen werden.